· 

Magisch! Die Stiftführung abgeben und mal die Sonne zeichnen lassen | Cyanotypie für Beginner

Um Missverständnissen vorzubeugen: Meine Stiftsführung habe ich nicht abgegeben, aber dafür die Stiftführung. ;) Seit Anfang Mai lasse ich immer wieder die Sonne zeichnen – und zwar auf Solarfotopapier. #sommerdobedobedos

Ich wollte diesen Beitrag schon eine Weile teilen, vor allem weil Bernadette mir geholfen hat den Prozess so schön abzubilden: Von der Materialfindung bis hin zum Endergebnis. 

Das angewandte Verfahren nennt sich Cyanotypie, oder auch Blaudruck. Man kann damit interessante Details aus der Umgebung künstlerisch festhalten – jedenfalls, vorausgesetzt die Sonne scheint! :)

Wie funktioniert's?

Saugfähiges Papier wird durch eine chemische Lösung (Kaliumhexacyanidoferrat(III) und Ammoniumeisen(III)-citrat bzw. Kaliumhexacyanidoferrat(III) und Ammoniumtrioxalatoferrat(III)) sensibilisiert und danach getrocknet, um eine lichtempfindliche Oberfläche zu schaffen. Eine Anleitung dafür, zum Beispiel für die Schul-Oberstufe, gibt's hier.  

Legt man dieses beschichtete Papier nun ins Sonnenlicht, wird die Oberfläche blau und fest bzw. wasserbeständig. Möchte man darauf etwas abbilden, kann man entweder Gegenstände oder Pflanzen (nennt sich dann Fotogramm) oder ein Foto-Negativ darauf platzieren und anschließend dem Sonnenlicht aussetzen.

Wie funktioniert's noch?

Aber keine Sorge auch ohne weißem Kittel und Schutzbrille können wir unserer Kreativität freien Lauf lassen! :)

Statt das Papier mit einer Chemielösung selbst zu bestreichen, habe ich mir bereits beschichtetes Papier bestellt. Man bekommt es z.B. auf Amazon oder beim Händler direkt. (Der Preis für eine Packung mit 20 Blatt liegt zwischen 8,90 und 13,50 Euro, aber die Versandkosten machen den Unterschied.)

Die Methode ist auch für kleine Kinder geeignet und wie sie geht, verrate ich euch jetzt Schritt für Schritt: 

1. Auf Entdeckungsreise gehen und entweder Pflanzen, Federn oder verschiedenste Gegenstände sammeln, die sich von der Größe her am Blatt ausgehen. Am Besten eignen sich zarte Pflanzen mit vielen Verästelungen, aber auch herbstliche Blätter lassen sich bestimmt schön anordnen.  

2. Das gesammelte Material und das lichtverpackte Solarfotopapier an einen abgedunkelten Ort bringen. Dort die Gegenstände auf dem Papier arrangieren. Glühbirnenlicht dürfte nichts ausmachen, ich hab' mich aber trotzdem nicht getraut und im Dunklen gewerkt. :D

Als Unterlage und zum Erschweren des Gegenstandes habe ich die Pressspanplatte und das Glas eines alten Bilderrahmens verwendet. Die Glasplatte, evtl. mit Gummiringen befestigt, verhindert das Verrutschen und führt daher zu besseren Ergebnissen. 

3. Jetzt werden Papier und Gegenstände gemeinsam nach draußen in die Sonne gebracht und dann heißt es warten...

4. Währenddessen ein kleiner Ausreisser in die Kunstgeschichte (kunsthistorisch gesprochen würde ich jetzt mit gespitzten Lippen "Exkurs" sagen): 

Im Jahr 1842 entwickelte der englische Naturwissenschaftler und Astronom Sir John Herschel die Cyanotypie. Sie gilt als das dritte Verfahren nach der Daguerreotypie und Talbotypie/Kalotypie zur Herstellung von stabilen fotografischen Bildern.

Anna Atkins (die coole Socke!) machte diese Technik durch ihre "fotografischen Herbarien" bekannt. Das waren Bücher, in denen sie Algen, Farne und andere Pflanzen, aber auch Federn mit Cyanotypien dokumentierte. Auch wenn dabei keine Kamera benutzt wird, gilt Anna Atkins als erste Fotografin! (Der Begriff Fotografie kommt nämlich aus dem Altgriechischen und bedeutet "zeichnen mit Licht".) Auch das das erste Buch mit Bildern aus einem fotografischen Verfahren überhaupt stammt von ihr, nämlich: "British Algae: Cyanotype Impressions" von 1843. 

5. Nach etwa 5-10 Minuten und wenn man sieht, dass sich um die Gegenstände eine weiße Fläche gebildet hat und es unter den Gegenständen blau hervor blitzt, kann man zur Entwicklung und Fixierung übergehen. Die erfolgt nun ohne Dunkelkammer oder Chemikalien – ausschließlich mit Leitungswasser!

6. Ca. 2 Minuten sollte man das Blatt unter den Wasserstrahl halten, bis jede Stelle benetzt ist.

7. Nach dem Wässern in Leitungswasser taucht das Bild als Negativ wieder auf. Magisch! 

Schönen Start in den September!!

 

Alles Liebe, 

Sophie


Blogbeiträge veröffentliche ich unregelmäßig. Wer als erste/r davon erfahren möchte, wann ein Beitrag online gegangen ist, kann sich für die Blog-Post anmelden. Abmeldung jederzeit möglich. 

Trage dich hier für die Sophie führt Blog-Post ein:

* indicates required
Email Format

Die Datenschutzrichtlinien dazu findet ihr hier

 

Fotos: Bernadette Führer, bearbeitet und Titelbild sophiefuehrt 

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Sabine (Donnerstag, 06 September 2018 22:25)

    Sophie, da könnte man doch ( dort, wo ich jetzt arbeite �) einen super Kinder-Workshop draus machen... In unserem Museum gibt's den Nachlass des Photo-Pioniers Joseph Maria Eder - das tät' SOOO gut passen...
    Da müssen wir jetzt echt einmal drüber reden �

  • #2

    Sophie (Sonntag, 09 September 2018 21:13)

    Liebe Sabine, jaa das klingt super spannend!!! :)
    Ich habe ja ein paar von den Bildern schon bei der letzten Ausstellungsbesichtigung mit dir gesehen, stimmt's?!
    Bis bald, also! ;)