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EIN GESPRÄCH MIT MAARTJE PASMAN ÜBER "FARBENREICH" UND MEHR

Foto: © Ani Antonova für DSCHUNGEL WIEN - Theaterhaus für junges Publikum Ges.m.b.H
Foto: © Ani Antonova für DSCHUNGEL WIEN - Theaterhaus für junges Publikum Ges.m.b.H

 

 An einem grauen Novembertag hab' ich bereits in einer Programmvorschau des Theaterhauses für junges Publikum Dschungel Wien zum ersten Mal von der Vorstellung Farbenreich gelesen und wusste: das ist sicherlich ein Stück bei dem ich neben Kindern in der ersten Reihe sitzen und "die Augen weiden" werde! 

Solotänzerin des Stücks ist die gebürtige Niederländerin Maartje Pasman und ich freue mich, dass ich ihr Fragen stellen darf, denn obwohl wir uns kennen weiß ich bei Weitem noch nicht alles über sie und ihren Beruf als Tänzerin. Ich habe mir ein paar spezielle Fragen überlegt (die hard facts zu ihrer Person findet ihr hier). 

 

Liebe Maartje, danke, dass du dir Zeit für ein Gespräch nimmst. Die Premiere des neuen Stücks Farbenreich im Dschungel Wien steht vor der Tür und du bist sicher intensiv mit Proben beschäftigt… 

Kannst du grob sagen wieviele Stunden du für ein Stück an Probezeit einrechnen musst?  

 

Durchschnittlich kann man sagen, dass man ungefähr fünf Wochen probt. Ich meine, sechs Wochen proben wäre wirklich schön, aber sind meistens fünf. Bei diesem Prozess (Farbenreich Anm.) habe ich gezählt – da waren es am Ende 23 Probetage. Am 15. Februar haben wir angefangen, aber zwischendurch habe ich ganz viele andere Vorstellungen gespielt. Normalerweise proben wir sechs Tage die Woche von 10 bis 18 Uhr, aber es ist nicht immer so, dass wir Samstag den ganzen Tag proben, sondern oft nur einen halben Tag.  

  

 "Tanzen war immer mein Hobby"

 

Das hört sich nach viel an, denn wie du vorher erwähnt hast, läuft ja nicht immer nur ein Stück, sondern gleich mehrere bei denen du auf der Bühne stehst.  

Wie kann es sein, dass du mit den Choreografien/ Tanzschritten nicht durcheinander kommst? 

 

Es ist kein Problem, dass man Sachen wirklich vermischt. Das ist so wie wenn du Pasta mit Gemüsesoße machst und am nächsten Tag Reis mit etwas. Es ist dann also nicht so, dass ich verwirrt Pasta und Reis mische (:-D Anm.). Wir sind es natürlich auch gewöhnt uns Choreografien zu merken. Ich muss sagen ich habe schon als ich als kleines Kind mit tanzen angefangen habe - tanzen war immer mein Hobby - nie Probleme damit gehabt. 

Aber wenn ich ein Stück lange nicht gespielt habe oder wenn ich es wirklich mal nicht weiß, kann es sein, dass ich Mitschnitte auf Video anschaue und wenn ich ein Stück mit Text habe, dann kann ich den Text vorher üben. Aber es ist nicht so, dass ich im Kopf vorher überlege „ah, die Bewegung geht so und so.“ Wenn ich selbst darüber nachdenke, dann weiß ich es nicht; man muss es einfach machen

 

 "Der Körper weiß viel mehr, als man denkt. Er speichert so viel."  

 

Du hast mal erwähnt, dass du das Vertrauen hast, dass der Körper das schon weiß. Für mich, die derzeit sehr viel mit Texten und dem Speichern von geistigem Wissen zu tun hat, wo der Körper (außer das Gehirn, eh klar) wenig aktiv ins Spiel kommt ist das sehr spannend zu hören. 

Die Intelligenz des Körpers  - könnte man das so sagen? 

 

Der Körper weiß viel mehr als man denkt! Er speichert so viel. Ich muss sagen, dass ich schon erstaunt bin wie viele verschiedene Sachen ein Körper speichern kann. Es ist auch abhängig vom Stück, denn bei "Kind im Wirbelwind" zum Beispiel, wo wir ganz viel gemeinsam tanzen, ist es so, wenn ich einen Körper spüre, dann kommt’s. Wenn man dann in Schwung ist, die Musik dabei hat und in dieser Stimmung ist, dann kehrt es auch wieder zurück. 

Wobei es gibt auch Stücke, wo man keine fest vorgegebenen Schritte hat, z.B. bei Farbenreich habe ich Teile wo ganz klar ein Rahmen vorgegeben ist, indem ich ganz genau weiß, was für eine Qualität es braucht (wie ein Tier, staksig, Kopf hin und her, etc. Anm.).

 

Und innerhalb dieses Rahmens improvisierst du je nach gewünschter Qualität?

 

Ja, bei Farbenreich zum Beispiel, wenn ich mich am Anfang durch die bunten Perlen bewege, kann man den Schritt nicht festlegen, denn die Perlen liegen immer anders! Aber ich weiß welche Qualität es braucht. 

 

Foto: © Ani Antonova
Foto: © Ani Antonova

Ich durfte schon bei einer Probevorstellung von Farbenreich gemeinsam mit einer Kindergarten-Gruppe dabei sein und ich liebe es ein (Tanz-)Theater in einem Publikum mit Kindern zu erleben. Es ist immer ein besonderes Erlebnis. Sie sind meist schonungslos ehrlich und ich finde es spannend welche Assoziationen bei ihnen auftauchen.

 

Es ist so toll, die Kinder staunen wirklich, das haben wir auch besprochen besonders in Bezug auf Farbenreich. In dem Stück entdecke ich viel und für mich als Erwachsene ist es: 'oh Gott, schön, ich entdecke wieder was'. Bei dem Stück wollten wir, dass die Menschen mit einem guten Gefühl hinaus gehen. Ich hoffe deshalb auch, dass die Erwachsenen sich für Farbenreich öffnen können wie ein Kind und dass es für sie auch ein Erlebnis ist. Farbenreich ist sehr sinnlich: wie fühlt es sich an, wenn der Wind durch deine Haare geht oder wenn ich die Füße auf den Boden setze oder ich ein Tuch berühre; wie sieht es aus wenn Farbe ins Wasser tropft und wie ist das wenn Kugeln über den Boden rollen...

 

 Dieses bunte Chaos...

 

Es ist ja mein Lieblingsmoment, als diese bunten Kügelchen über dem Boden ausgestreut werden (das Geräusch!) und über die weiße Fläche kullern. 

Dabei hab' ich mitangehört, wie ein vierEINHALB jähriger Junge vermeldet hat: "Die andere muss das jetzt aufräumen, die hat ja das Chaos gemacht“, er machte eine kurze Atempause und fügte flüsternd hinzu „aber wir sind ja im Theater“.  

Was war das lustigste, das du bei Vorstellungen, in Tanz Clubs, Workshops oder eben bei deiner Arbeit als Kunstvermittlerin im Dschungel Wien mit Kindern erlebt oder gehört hast?

 

Das ist schon schwierig, weil oft denke ich mir 'das muss ich mir merken' und dann verschwindet es wieder. Aber ich fand es zum Beispiel voll cool bei dem Stück Peter Pan - da spiele ich den Bösen - gibt es eine Szene, wo ich Peter Pan bedrohe, als er schläft. Es kommt vor, dass bei Schulvorstellungen die Kinder dann rufen "Peter! Peter! Peter! Peter, Hook ist da!" Ich habe dann einen kurzen Text und dafür sollte es still sein. Einmal kam ich so hoch mit meinem Haken und da hat eine Klasse so laut "Peter! Peter! Peter!" geschriehen, dass ich dachte  'Oh nein, was mach' ich jetzt?' und hab dann mit meiner Hand dirigiert, dass sie leiser werden sollten und dann wurden sie leise. Aber ab und zu möchte ich schon gerne hören, was sie wirklich im Publikum sagen. Am Ende von Peter Pan spiele ich die Mutter und dann sagt Peter Pan zu ihr "ich behalte jetzt Wendy, weil wir können sie nicht beide haben, schöne Dame". Da war jemand im Publikum, der hat gehört, wie ein Kind sagte "Woa, ja... die ist wirklich schön."

 

Foto: © Ani Antonova
Foto: © Ani Antonova

 

"Was ich am meisten mag ist Sachen zu basteln. Für jede Produktion mache ich ein Toi Toi Toi."

 

Zuerst ist die Bühne in dem Stück ganz weiß. „Nirgends ist ein Klecks Farbe zu sehen“, heißt es in Begleittext zu Farbenreich. Wie bringst du in deiner Freizeit Farbe ins Leben? Gibt es etwas, wo du selbst kreativ wirst und zu Pinsel, Buntstift oder zu etwas anderem greifst?

 

Ich hab zuhause ein Malbuch für Erwachsene. Ein Solostück ist für mich sehr sehr intensiv, wenn man so viele Stunden alleine auf der Bühne proben muss. Ich  möchte, dass es gut ist, ich bin da eine Perfektionistin und ich war dann immer am Abend so beschäftigt im Kopf. Also habe ich nach der Probe versucht weniger hinter dem Computer zu sitzen und zu surfen, sondern mein Malbuch zu benützen.

Aber was ich eigentlich am meisten mag ist Sachen zu basteln. Für jede Produktion mache ich ein Toi Toi Toi. Kennst du den Gebrauch?

 

Nein. Erzähl!

 

Wenn du eine Premiere hast, dann ist es Tradition, dass du deinen Kollegen allen ein Toi Toi Toi gibst als Glücksbringer. Eine Karte oder etwas was man mit der Vorstellung verbindet. Bei jeder Produktion mache ich mir schon Gedanken, was ich machen könnte. In den Niederlanden sagt man bei einer Premierenvorstellung auch immer "Toi Toi Toi" und hier hat man auch eine Tradition: wenn man einander ein Bussi gibt, muss man über die Schulter so Art pusten. Ich finde das noch immer etwas komisch. Oder "Hals und Beinbruch", aber wir sagen immer "Toi Toi Toi". Ich mag das, weil jede Premiere ist dann immer wie ein Geburtstag mit all den vielen kleinen Sachen. Ich hab auch ein Buch, wo ich Sachen hineinklebe, wenn wir zum Beispiel essen waren, oder wenn ich in der Zeitung war. Auch Flyer vom Dschungel Wien plakke ich dann da hinein. Solche Sachen sind für mich immer Entspannung, wenn ich dann auch noch Musik aufdrehe...

Meine Mama schickt auch immer Toi Toi Tois aus den Niederlanden für mich und meine Kollegen. Sie mag das auch und sie bastelt dann was. Ur lieb, da hat sie irgendwie die Idee, dass sie auch dabei ist. 

 

Letzte Frage: Was ist deine Lieblingsfarbe? Auch „bunt“ wie die der letzten Kindergruppe?

 

Rot. 

 

Das war schnell und eindeutig.  :-D

Ich danke dir für das Gespräch! 

 


 

INFOS zu Vorstellung: 

Tanz | 45 Min. | Eigen- & Koproduktion

Farbenreich

DSCHUNGEL WIEN


Konzept, Choreografie: Mirjam Sögner | Ausstattung: Claire Blake | choreografische Mitarbeit, Tanz: Maartje Pasman 

 

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