Vor ein paar Tagen ist eine Postkarte(!) und bereits der Katalog für 2016 von der akademie.GERAS eingetrudelt. Grund genug meine dort gemachte Erfahrung vor ein paar Wochen mit einem Blogpost zu beschließen. Ich weiß jetzt nämlich: Malen ist Auseinandersetzung. Auseinandersetzung mit dem Motiv und letztendlich auch mit sich selbst. Wenn man sich darauf einlässt.
Auseinandersetzung hat ja im Deutschen eine Mehrfach-Bedeutung. Duden spuckt unter anderem die Begriffe „Vertiefung“, „Beschäftigung“, „Aufarbeitung“, „Begegnung“, aber auch „Streitigkeit“, „Unstimmigkeit“, sowie „Gespräch“ oder „Erörterung“ aus. Es kann also ganz schön ungemütlich werden. Da heißt's warm anziehen. Oder wie in meinem Fall Malhemd überstreifen und rein in die ganzen Themen- und Gefühlspalette im Acryl-Intensivseminar im oft so bezeichneten "malerischen Waldviertel". Die Auseinandersetzung kann schon bei der Hinfahrt am ersten Malkurstag auf fruchtbaren Boden treffen: Ein Quäntchen zu lang schlafen, zu knapp wegfahren, das Auto durch Sturm und Starkregen lenken, sich verfahren, sich verspäten, keine Skizzenblock parat haben, obwohl er auf der Materialliste vermerkt ist - uhuh. Später können Entscheidungsschwierigkeiten bei der Motivwahl auftreten, Zweifel aufkommen, Ansprüche raufgeschraubt werden, Blockaden oder Müdigkeit auftauchen, Kritikpunkte vorgebracht werden; es kann aber auch Kreativität fließen, oder das ein oder andere Kompliment geerntet werden (man muss es nur annehmen),...
Entscheidend bei jeder Auseinandersetzung ist das WIE.
Wie verhalte ich mich in diesem Prozess, wie gehe ich in die Auseinandersetzung (lobend, tadelnd, liebevoll, kritisch, kämpferisch, spielerisch, angestrengt, entspannt,...)?
Vor jeder Auseinandersetzung in all diesen Nuancen bedarf es außerdem einer Entscheidung. Einer Entscheidung bei etwas zu bleiben. Und sei es sich zeitlich an einen Ort oder thematisch an ein Motiv zu binden. Ich habe mich, da das Thema „Porträt“ war, letztendlich von Christian Tagliavinis flämisch geprägter Fotografie inspirieren lassen. Mein fertiges Bild findet ihr in der Kategorie Sophie führt...den Pinsel. Tatsächlich bin ich die gesamte Kursdauer konzentriert nur dabei geblieben, während so manch andere locker flockig mit bis zu drei Bildern pro Tag "in Produktion gegangen" ist. (Auch das war definitiv inspirierend mitanzusehen!) Diese Beobachtungen und mein intensiver Malprozess haben mir gezeigt wie wichtig das Wie ist, wenn es darum geht das Malen auch zu genießen. Und so soll's ja sein, oder?! ;)
Zufällig (?!) habe ich am zweiten Tag des Kurses einen Satz von stephynow auf Instagram gelesen, der mich zum nachdenken angeregt hat.
„The way you capture movement is to move. The way you love others is the way you love yourself. (...) How you do anything is how you do everything in life."
Wie ich also (irgend)eine Sache angehe, gehe ich alles im Leben an... Na servas, hab ich zuerst gedacht und weitergemacht. Hingegen ein bisschen anders, ein bisschen wachsamer. Sätze des Malkursleiters wie "Du hast ja noch eine zweite Leinwand" oder "Es muss nicht gleich beim ersten Mal alles stimmen", gaben dabei eine entspannte, neue Sichtweise. Das heißt ich hab‘ neben praktischen künstlerischen Tipps wie „in der Fläche bleiben“, „nach geometrischen Formen in einer Figur suchen“, „eine große Palette benutzen, um gutes Mischen zu gewährleisten“, „auf Hell und Dunkel achten (hinten hellere, vorne dunklere Hauttöne benutzen)“ auch etwas über meinen Umgang mit Tätigkeiten im Allgemeinen erfahren und gelernt diese zu hinterfragen und in Zukunft bewusster zu gestalten. Aber wie das Malen ist auch das mit der Auseinandersetzung (leider ;)) eine Übungssache.
Womit müsst ihr euch (täglich) auseinandersetzen? Wie geht ihr in eine Auseinandersetzung? Ist das Wort Auseinandersetzung für euch negativ behaftet oder erwächst daraus immer etwas Gutes? Machen euch Auseinandersetzungen Angst oder geht ihr vollen Mutes in hinein?
Auch mit diesem Text musste ich mich mehr auseinandersetzen als mir (zeitlich) lieb war. Und dennoch: Da geht noch was. Um mit meinem Text zu kommunizieren braucht es auch Feedback (auch das ist Auseinandersetzung). Wie immer gerne gewünscht unter sophiefuehrt@gmail.com und unten im Kommentarfeld. (Findet meinen Beitrag dazu auch auf Instagram.)
Ich wünsche euch ein wunderschönes Wochenende!
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